Wissenschaftliches Denken & Arbeiten
Qualitätskriterien wissenschaftlicher Arbeiten
In den verschiedenen Wissenschaftsbereichen werden viele Erkenntnisse und viel Wissen bereitgestellt, doch: Wie sicher ist es, dass diese Erkenntnisse und dieses Wissen überhaupt richtig und "sicher" sind? Denken Sie beispielsweise an Zeitungsberichte oder Fernsehbeiträge, bei denen es um Klimamodelle geht. Denken Sie an die vielen Diskussionen dazu: Wird dort eher über- oder untertrieben? Was stimmt nun eigentlich? Selbst am Beispiel Klimamodell, wo es doch gemessene Daten und fundierte Fakten gibt, sehen wir, dass es verschiedene Interpretationsmöglichkeiten gibt. Wie wird die Qualität von wissenschaftlichen Arbeiten sichergestellt?
An dieser Stelle sei erwähnt, dass wissenschaftliche Ergebnisse “nicht den Anspruch auf Wahrheit stellen [können ... und] daher immer vorläufig” sind (Disterer, 2011, S. 34). Wissenschaftliche Aussagen bzw. Ergebnisse gelten nur solange, bis sie durch neue Beobachtungen und Erfahrungen oder Ähnliches widerlegt worden sind.
Eine offizielle Liste mit Qualitätskriterien des wissenschaftlichen Arbeitens gibt es nicht, doch haben sich einige allgemein anerkannte Kriterien etabliert, die beim Begutachten und Bewerten wissenschaftlicher Arbeiten hilfreich sind und eben eine gute wissenschaftliche Arbeit kennzeichnen (Balzert, Schröder & Schäfer, 2011, 13ff. & Heesen, 2014, S. 15ff.):
Ehrlichkeit | In Bezug auf die Plagiatsfälle, die in den letzten Jahren an die Öffentlichkeit geraten sind, ist Ehrlichkeit und ehrliches Verhalten beim wissenschaftlichen Arbeiten sehr relevant geworden. Der Umgang mit Forschungsfragen, mit Quellen und Nachweisen, mit eigenen bzw. fremden, erhobenen Daten sowie deren Analyse entscheiden, wie glaubwürdig die eigene Arbeit ist. Sowohl die textliche und formale Gestaltung nach entsprechenden Regeln und Techniken als auch der sachliche und neutrale Schreibstil spielen ebenso eine wesentliche Rolle. |
Objektivität | Die Sachverhalte sollten möglichst wertfrei, vorurteilsfrei, nicht willkürlich und unvoreingenommen sowie unverfälscht erläutert werden, die Aussagen unabhängig von äußeren Bedingungen und begründet sein (z. B. vom Untersuchenden bzw. dessen Verhalten, vom Auswertenden, von anderen Meinungen und Interpretationen, von Geldgebenden etc.). Dafür braucht es u. a. einen sachlichen Sprachstil. |
Überprüfbarkeit | Überprüfbar meint, dass sämtliche Aussagen durch Quellen belegt sind - es sei denn, es handelt sich um erkenntlich gemachte Wertungen vom Autor selbst - und die Rezipienten ggf. diese Inhalte überprüfen können. Das Forschungsprojekt wird klar dargestellt, dokumentiert, offengelegt und erläutert. Gute Quellenarbeit, d. h. vollständiges, korrektes und einheitliches Zitieren, stellt eine der wichtigsten Anforderungen an wissenschaftliche Arbeiten da. Sämtliches Material wird im Literatur- und Quellenverzeichnis aufgeführt. |
Reliabilität | Die erhobenen Daten bzw. die gemessenen Ergebnisse sollten frei von Zufallsfehlern sein, sie sollten eben reliabel sein. Es handelt sich hier um die Zuverlässigkeit der Untersuchung bzw. um den Grad der Messgenauigkeit; je öfter etwas gemessen wird, desto genauer sollten die Ergebnisse sein. Die Untersuchung sollte replizierbar sein und bei gleichen Bedingungen die gleichen Ergebnisse ergeben. |
Validität | Wie genau das gemessen wurde, was tatsächlich gemessen werden sollte, beschreibt die Validität einer Untersuchung. Dabei müssen die Anlage und Durchführung der Untersuchung, die Größe und Qualität der Stichprobe - wenn vorhanden - sowie überhaupt das Messverfahren geeignet sein. Zudem müssen die Ergebnisse eindeutig interpretierbar und verallgemeinerbar sein. Die Ergebnisse haben für eine bestimmte Zeit ihre Gültigkeit, ohne dass sie manipulierbar sind. |
Verständlichkeit | Begriffe müssen klar und eindeutig definiert sein und kontinuierlich so verwendet werden. Auch die explizite Erklärung von Fachtermini sowie ggf. ein Glossar und ein Abkürzungsverzeichnis tragen dazu bei, dass eine Arbeit verständlich wird. Zudem sind ein verständlicher und logischer Schreibstil sowie eine schlüssige Argumentation nicht zu unterschätzen. |
Relevanz | Die Ergebnisse der eigenen wissenschaftlichen Arbeit sollten nachvollziehbar und begründet dargestellt und die Zielsetzung der Arbeit gut erkennbar sein. Je wichtiger bzw. relevanter sich dieser Beitrag darstellt, desto eher wird er gelesen und desto mehr trägt er zum allgemeinen Wissenszuwachs bei. |
Logische Argumentation | Wissenschaftliche Aussagen und Erklärungen stützen sich auf wohlbegründete und logische Argumentation. Hier sind verschiedene Muster für Argumente möglich: gesichertes Grundlagenwissen eines Fachgebietes, Zitate von Gedanken, Messergebnisse, Beobachtungen, empirische Daten etc. (vgl. dazu Disterer, 2011, S. 36f.). Solide Quellennachweise liefern den Nachweis. |
Besonderheit und Originalität | Die Auswahl des Themas oder die der Fragestellung, die Darstellung und logische Verbindung vorhandener Quellen können zur Einzigartigkeit einer Arbeit beitragen. Die Methodenwahl kann ebenso besonders sein, wenn beispielsweise interdisziplinär vorgegangen wird. Es können sich zudem ganz neue und interessante Schlussfolgerungen ergeben, wenn Erkenntnisse unterschiedlicher Quellen aufeinander bezogen werden. Vor allem, indem die Forschungsfrage kreativ und besonders beantwortet wird, kann eine Arbeit originell sein. |
Nachvollziehbarkeit | Das Forschungsprojekt mitsamt der Vorgehensweise und der Argumentation sowie den Ergebnissen wird so dargestellt, dass die Rezipientinnen und Rezipienten es verstehen und das Projekt geistig wie auch praktisch wiederholen könn(t)en. Die Aussagen müssen durch Quellenbelege überprüfbar sein, Begriffe klar und eindeutig definiert; die Arbeit ist dann schlüssig und sinnvoll. |