Einstieg in Schnitt & Montage
Einstieg in Schnitt & Montage
Die Sprache des Filmschnittes bezieht sich heute mit vielen Begriffen trotz digitaler Hilfsmittel noch immer auf die Arbeit mit traditionellen Filmbändern. Bei der ersten Auseinandersetzung mit Schnittprogrammen kann es oftmals hilfreich sein, sich einen traditionellen Schnittplatz mit verschiedenen Filmbändern und einer Belichtungsmaschine vorzustellen, um die verschiedenen Techniken besser verstehen zu können.

Die wichtigsten Begriffe
Die meisten Videoschnittprogramme stellen die einzelnen Bild- und Tonspuren in Analogie zu chemischen oder magnetischen Film- und Tonbändern als einzelne Streifen verschiedener Länge dar. Diese Streifen können meist in einer horizontalen und einer Vertikalen Dimension zueinander angeordnet werden. Die jeweilige Länge der Streifen in ihrer horizontalen Darstellung gibt uns dabei eine direkte Übersicht darüber, wie viel Zeit diese im Verhältnis zueinander einnehmen und in welcher zeitlichen Abfolge diese abgespielt werden.
Bei der horizontalen Anordnung verschiedener Streifen bzw. Sequenzen unterscheiden wir grundsätzlich zwischen dem technisch geprägten Begriff "Schnitt" und dem künstlerisch geprägten Begriff "Montage". Werden mehrere Bildspuren gleichzeitig ähnlich einer Collage oder eines Scherenschnittes in der vertikalen Dimension übereinandergelegt, spricht man zudem von "Compositing".
Der Begriff Schnitt bezeichnet vorwiegend den Wechsel zwischen verschiedenen Kamerabildern oder Einstellungen und leitet sich vom Zerschneiden der früher verwendeten Filmbänder mit einem sog. Cutter-Messer ab. Da auf den in den frühen Tagen des Films verwendeten Bändern nur eine maximale Länge von 10 Minuten aufgezeichnet werden konnte, mussten diese durch Schneiden und Zusammenkleben zu einem längeren Film verbunden werden. Heute nutzt man den Begriff weiterhin, um den Prozess des Bereinigen des Filmmaterials von Versprechern oder Bildfehlern, sowie das neu Zusammenstellen von Schnittbildern zu bezeichnen.
Eine Sonderform des Schnittes ist die mit dem englischen Begriff Compositing bezeichnete Technik des zeitlich synchronen Übereinanderlegens mehrer Filmbilder. Dies kann in der einfachsten Form darin bestehen, zwei verschiedene Kameraperspektiven wie Comicpanels nebeneinander anzuordnen, so dass diese gleichzeitig zu sehen sind. Es können aber auch mit verschiedenen transparenten Bildbereichen ausgestattete Grafiken - sogenannte Schnittmasken - über eines oder mehrere Videos gelegt und diese so miteinander kombiniert werden. Hier ist von der einfachen Bauchbinde oder Untertiteln bis hin zum 3D-animierten Fernsehstudio nahezu alles denk- und umsetzbar.
Ein Film kann aus einer Vielzahl von Schnitt-Sequenzen zusammengesetzt sein. Die Art und Weise, wie Schnittbilder, deren Abfolge und Rhythmus sowie deren Tonspuren miteinander angeordnet wurden, bezeichnet man dabei als Montage. Die Montage setzt die verschiedenen Schnittbilder zueinander in ein semantisches Verhältnis und erweitert den Filmtext dadurch um eine weitere Bedeutungsebene.
Ebenfalls aus dem historischen Kontext ableiten lassen sich die Begriffe A-Roll und B-Roll. Diese bezeichneten früher die verschiedenen Filmrollen, die verwendet wurden um das eigentlich wichtige Filmmaterial von den nur für den Schnitt verwendeten Stimmungsbildern zu unterscheiden. Mit einer Hauptkamera A wurde so z.B. ein Interview gefilm, wohingegen Kamera B die sogenannten B-Roll Aufzeichnungen von Details und Nebenschauplätzen des Drehortes einfing. Wenn eine Erzählung durch Bilder abseits des Drehortes ergänzt werden soll, kann es so auch vorkommen, dass es ein komplett eigenständiges Team für B-Roll Aufzeichnungen gibt. Ebenso wird heute für B-Roll Material auch, überwiegend aus Kostengründen, Archivmaterial (Stock Material) genutzt.
Häufig verwendete Schnitttechniken
Nachfolgend betrachten wir einige Beispiele für diese Techniken.
Harter Schnitt
Die einfachste und am häufigsten zum Einsatz kommende Technik zum Kürzen und Zusammensetzen verschiedener Videospuren ist der Harte Schnitt (engl. hard cut). Eine Videosequenz besteht immer aus einer festgelegten Anzahl von Bildern pro Sekunde, die durch ihren zeitlichen Verlauf als Bewegung wahrgenommen werden.
Ein Schnitt wird immer nach dem aktuell in der Vorschau sichtbaren Bild gesetzt. Wird nach dem Schnitt eine Lücke gelassen wird ein Schwarzes Bild angezeigt, wird direkt danach ein anderer Bildstreifen angelegt wird dieser ohne Unterbrechung angezeigt.
Das Gegenteil zum Hard Cut ist die sog. weiche Blende (engl. Soft Cut). Bei dieser erfolgt der Übergang zwischen zwei Bildern fließend. Durch die Überlagerung werden beide Filmstreifen gleichzeitig belichtet und ein Mischbild entsteht.

Akustische Klammer
Die Akustische Klammer ist eine Schnitttechnik, bei der verschiedene Abfolgenden von Bildsequenzen durch eine gemeinsame Tonspur miteinander verbunden werden. Die Technik kann verwendet werden um in einem Gespräch verschiedene Personen zu zeigen, um verschiedene Beispiele zu einem referierten Text einzublenden oder auch um größere Zusammenhänge mehrerer Szenen mit einer gemeinsamen Musik unterlegt zu verdeutlichen.
Mögliche Beispiele:
Für ein Erklärvideo wird eine Person vollständig mit Bild und Sprache bei ihrem Referat über ein Thema in einem Studio aufgezeichnet. An einem anderen Tag werden weitere Filmaufnahmen zur verdeutlichung des Themas angefertigt:
- Bild A & Ton A: Die moderierende Person spricht und ist dabei zu sehen.
- Bild B & Ton A: Es werden Filmaufnahmen vom Gegenstand des Vortrages gezeigt, wir hören weiterhin den Sprechtext.
- Bild A & Ton A: Wie zu Beginn ist die Person wieder zu sehen und zu hören.
Eine Gesprächssituation zwischen einer psychotherapeutischen Fachkraft und einer zu behandelnden Person wird mit zwei Kameraperspektiven aufgezeichnet.
- Bild A & Ton A: Die Fachkraft erklärt einen Sachverhalt und ist dabei zu sehen.
- Bild B & Ton A: Die Fachkraft ist immer noch zu hören, wir sehen jedoch die Reaktion des Gegenübers auf die gesprochenen Sätze.
- Bild A & Ton A: Die Fachkraft ist wieder zu sehen und stellt eine Frage.

Einschub
Der Einschub verwendet grundsätzlich das gleiche Prinzip wie die Akustische Klammer, bei der eine gemeinsame Tonspur verschiedene Bildfolgen gedanklich miteinander verbindet. Dabei wird entweder der Ton über die Bilder hinweg beibehalten oder der Ton eines neuen Bildes bereits vorweggenommen. Beide Varianten können beliebig kombiniert werden, um länge Sinneinheiten zu bilden.
Diese Verbindung kann in mehreren Varianten hergestellt werden:
- Die Audiospur A ist weiterhin zu hören, obwohl das Bild B bereits gezeigt wird. So kann beispielsweise ein Szenenwechsel eingeleitet werden, der durch einen Erzähltext miteinander verbunden wird.
- Die Audiospur C ist bereits zu hören, obwohl noch immer das Bild B zu sehen ist. Beispielsweise kann eine Person, die in B noch nicht zu sehen ist bereits zu hören sein und erst beim Wechsel auf Bild C sichtbar werden.
Mögliche Beispiele:
- Wir sehen in Bild A ein Auto auf einer Landstraße fahren und hören die Motorgeräusche.
- Bild B schwenkt auf die Personen im Auto, die miteinander sprechen, wir hören weiterhin die Straßengeräusche, im Verlauf des Gesprächs hören wir immer lauter werden Mövenschreie und das Rauschen des Meeres.
- In Bild C sehen wir, wie die Personen am Strand sitzen und auf das Meer blicken, wir hören noch immer das Meeresrauschen.

Compositing
Haben wir bisher über die lineare Anordnungen von Bildern innerhalb eines horizontal dargestellten zeitlichen Ablaufs gesprochen, betrachten wir beim Compositing die synchrone Anordnung von Bild- und Tonmaterial in der vertikalen Ebene.
Hier hilft uns wieder das Bild vom klassischen Schnittplatz um das Vorgehen nachzuvollziehen. Im Prinzip können beliebig viele Bilder wie bei einem Scherenschnitt übereinandergelegt werden. Der jeweilige Transparenzgrad jeder Schnittmaske entscheidet dabei darüber, wie viel davon in der Zusammenstellung sichtbar wird. Je nachdem welche Technik dabei angewandt wird, unterscheiden wir zwischen verschiedenen Verfahren:
- Bei der Überblendung sind die übereinandergelegten Bilder transparent durchleuchtet und ergeben so je nach Transparenzgrad der jeweiligen Bild-Bereiche ein Mischbild. Diese Technik wird oft auch im zeitlichen Verlauf als weicher Übergang zwischen zwei Szenen verwendet.
- Das teilformatige Überdecken des Bildausschnittes durch bspw. eine statische Grafik oder andere Bildsequenzen. Beispiel sind Bild-in-Bild- oder Comicstrip-Effekte bei denen mehrere Bilder gleichzeitig ablaufen.
- Bei der Maskierung werden einzelne Bereiche des Bildes ausgeschnitten und über ein anderes Bild gelegt. Hierbei werden meist nur einzelne Bildelemente entfernt oder hinzugefügt. Beispiele dafür sind Bauchbinden, Greenscreen-Aufnahmen oder das Unkenntlichmachen einzelner Personen in einem Bild.
