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Konzepte, Methoden und Erfahrungen

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Ziergrafik: Puzzleteil unter einer Lupe als Symbol für eine Erfahrung

Einsatz von Simulationsspielen in Seminaren zur vertieften Auseinandersetzung mit den Lerninhalten

Erfahrungsbericht

Setting und Inhalt der Lehrveranstaltung

Im Sommersemester 2016 fand am Institut für Politikwissenschaft des Fachbereichs 03.1 ein Seminar mit Simulationsspielen zur europäischen Migrations- und Asylpolitik statt, das sich an Lehramtsstudierende der Fachrichtung „Politik und Wirtschaft“ (L3, 6. Semester) richtete.
Das Seminar fand wöchentlich statt, sah jedoch auch Gruppenarbeitsphasen vor, die von den Studierenden, angeleitet von Arbeitsaufträgen, für die Vorbereitung der Simulationsspiele genutzt werden sollten.

Didaktisches Lehrkonzept und eingesetzte Lehrmethoden

Die Motivation für dieses besondere, sich an Lehramtsstudierende der Fachrichtung „Politik und Wirtschaft“ gerichtete Lehrangebot war die aktuellen politischen Entwicklungen aufzugreifen und diese in einem Seminar für diese Zielgruppe politikwissenschaftlich aufzuarbeiten und zur Reflexion über die politische Debatte anzuregen. Aufgrund der Präsenz der ‚Flüchtlingspolitik’ in der öffentlichen Wahrnehmung lag es nahe, anhand der europäischen Migrations- und Asylpolitik die Funktionsweise des europäischen Mehrebenensystems zu vermitteln und sich dabei insbesondere mit der Europäische Union als Verhandlungssystem vertieft auseinander zu setzen. Am Fall der Migrationspolitik wird zudem deutlich, dass Entscheidungen auf europäischer Ebene meist fundamentale Verteilungsfragen betreffen und diese Regelungen Nutzen und Lasten sehr unterschiedlich auf die einzelnen Mitgliedstaaten verteilen können. Aufgrund dieser Besonderheiten sind mit der Entscheidungsfindung innerhalb der EU meist intensive Verhandlungen verbunden, was die Teilnehmer*innen im Rahmen dieses Seminars im Rahmen der angestrebten Interaktion selbst erfahren sollten.
Um das in den ersten beiden Seminarsitzungen vermittelte Wissen über die spezifischen Ausprägungen der europäischen Migrations- und Asylpolitik sowie über die Prozesse und Mechanismen des EU-Verhandlungssystems anhand dieses Politikbereichs erfahrbar zu machen und nachhaltig zu festigen, sah die Seminarkonzeption zwei Simulationsspiele vor.
Zur Vorbereitung dieser wurden in der ersten Sitzung (Seminarorganisation) mittels Losverfahren acht Arbeitsgruppen gebildet, die im Laufe des Seminars, angeleitet von Arbeitsaufträgen, die Position jeweils eines EU-Mitgliedstaates zur europäischen Migrations- und Asylpolitik erarbeiten und später im Rahmen der Simulationsspiele vertreten sollten. Mit Blick auf die zentralen Debattenbeiträge zur ‚Flüchtlingspolitik’ und eine in der öffentlichen Wahrnehmung mit verschiedenen EU-Mitgliedstaaten verbundenen Polarisierung wurde bereits im Rahmen der Seminarkonzeption eine Vorauswahl getroffen. So konnten die Teilnehmer*innen in die Rollen der Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Österreichs, Ungarns, Großbritanniens, Griechenlands oder der Niederlande schlüpfen. Dabei konnten die Studierenden selbst entscheiden, aus welchen Regierungsmitgliedern ihre nationale Delegation bestehen sollte und wie die damit verbundenen Rollen innerhalb der Arbeitsgruppe verteilt und ausgeübt werden sollten.
1. Simulationsspiel (Pressekonferenz im Vorfeld des EU-Gipfels zur EU-Migrations- und Asylpolitik): Nach umfassenden Recherchen, sowohl zum politischen System und zur Geschichte des gewählten EU-Mitgliedstaates als auch zur Positionierung von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft, stellten die Studierenden als nationale Regierungsvertreter*innen bei einer gemeinsamen „Pressekonferenz“ die jeweiligen Standpunkte zur europäischen Flüchtlingspolitik vor. Visualisiert wurden die Statements durch selbst gestaltete Plakate und durch Positionspapiere, die von den anwesenden „Journalist*innen“ auch als Grundlage für anschließende Nachfragen genutzt wurden. Im Anschluss an die Pressekonferenz fand ein informeller Austausch zwischen den nationalen Delegationen statt, der mit Blick auf den drei Wochen später geplanten „EU-Sondergipfel zur Migrations- und Asylpolitik“ (2. Simulationsspiel) für bilaterale Gespräche und erste Verhandlungen genutzt wurde.
Im Anschluss an die erste Sitzung mit Simulationsspiel erfolgte eine Feedbackrunde (Blitzlicht), in der die Teilnehmer*innen berichten sollten, wie sie ihre Rolle an- und wahrgenommen haben und welche Erfahrungen sie dadurch bereits machen konnten. Die nachfolgenden zwei Sitzungstermine wurden zur Nachbereitung dieses Simulationsspiels und zur Vorbereitung des zweiten Simulationsspiels genutzt.
2. Simulationsspiel („EU-Sondergipfel zur Migrations- und Asylpolitik“): In diesem zweiten Simulationsspiel

Technische Aspekte

Für die gemeinsamen Recherchen der acht Arbeitsgruppen zu den jeweiligen Länderpositionen und für die Erarbeitung von Handouts, Positionspapieren und Stellungnahmen wurden entsprechende Ordner in StudIP eingerichtet. Für die grafische Darstellung der Länderpositionen für die Pressekonferenz wurde das (kostenpflichtige) Druckangebot des HRZ (DIN-A3 Plakate) genutzt.

Reflexion des Einsatzes

1) Die Simulationsspiele haben eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff ermöglicht, die Teilnehmer*innen zur Reflexion über die unterschiedlichen Positionen zur europäischen Flüchtlingspolitik angeregt und die Interaktion zwischen den Studierenden bereits zu Beginn des Seminars gefördert. Die Präsentation von Arbeitsergebnissen erfolgte bereits im Rahmen der Simulationsspiele und sah viele kreative Elemente vor.

2) Simulationsspiele setzten eine Reflexion über die eigene Rolle voraus, denn die Studierenden mussten zum Teil unterschiedliche, zum Teil sehr kontroverse Positionen vertreten und verteidigen, was auch im Vorfeld als Hürde angesprochen und diskutiert wurde. Mit Blick auf die Herausforderung, die ein Rollenspiel zu politischen Streitfragen mit sich bringt, bieten sich in besonderer Weise ein sensibilisierender Einstieg und klare Regeln für das Rollenspiel und den Umgang mit kontroversen Aussagen an. Der Gruppe ist somit bereits im Vorfeld zu vermitteln, dass es sich um einen geschützten Raum handelt und differenziert werden kann, dass eine mit der Rolle verbundene Position nicht mit der persönlichen Meinung übereinstimmt.

3) Der Erfolg von Simulationsspielen hängt von der Präsenz, Beteiligung und dem Engagement der Studierenden ab. Eine entsprechende Rollenwahrnehmung (auch innerhalb der Delegation) kann nur erfolgreich sein, wenn die Lerninhalte (hier: Grundlagen der europäischen Flüchtlingspolitik und des EU-Verhandlungssystems) verinnerlicht und i. S. der Arbeitsaufträge eine eigene Position erarbeitet wurde.

4) Die Konzeption und Durchführung eines Seminars mit zwei Simulationsspielen bedingt einen sehr hohen Zeitaufwand. So ist auch eine umfassende Vorbereitung, Begleitung und Dokumentation der Simulationsspiele notwendig. Diese umfasst v. a. die Vorbereitung der Räume, Be-/Erstellung der spezifischen Ausstattung, Dekoration durch Flaggen und Poster, aber auch die Organisation vor Ort, Mitschriften, Kopien sowie eine Foto- und ggf. auch Videodokumentation. Für eine derartige Seminarkonzeption ist personelle Unterstützung daher unabdingbar.
Ausreichend Zeit ist zudem für die Nachbereitung der Rollenspiele in anschließenden Sitzungen einzuplanen, da inhaltliche Ergebnisse und persönliche Erfahrungen zusammengetragen und eingeordnet werden müssen. Ein gesondertes Feedback vonseiten der Lehrperson im Anschluss an die Simulationsspiele ist wünschenswert, aber aufgrund des ohnehin schon sehr hohen Zeitaufwands des Seminars nicht zu leisten.

5) Der Einsatz von Simulationsspielen für die vertiefte Vermittlung der beiden Themenbereiche (Europäische Migrations- und Asylpolitik, EU-Verhandlungssystem) war sehr sinnvoll, stellt eine sehr gute Möglichkeit dar, auf fundierte Weise mit Studierenden über wichtige politische Fragestellungen zu diskutieren und gibt Lehramtsstudierenden zudem die Chance, didaktische Konzepte zu erproben.

6) Reflexion der Studierenden:
Den Abschluss des Seminars bildete eine umfassende Reflektion, bei der vonseiten der Studierenden die Vorteile von Simulationsspielen bei der Vermittlung komplexer politischer Prozesse und die Notwendigkeit einer differenzierten Perspektive auf den Themenbereich Flucht und Migration hervorgehoben wurden.
Daneben erhielten die Teilnehmer*innen die Aufgabe im Rahmen der Verschriftlichung ihrer Ergebnisse, eine kurze Reflexion zu diesem Seminar zu verfassen. Zur Evaluation des Seminars wurde zudem eine Abschlusserhebung mittels Fragebögen durchgeführt. Die Rückmeldungen zu den verschiedenen Aspekten des Seminars waren sehr positiv. Alle Teilnehmer*innen haben den großen Lernerfolg durch Simulationsspiele herausgestellt und können sich vorstellen, diese Methode später selbst im Unterricht einzusetzen.

Unterstützung und Beratung

Da die Konzeption und Durchführung eines Seminars mit zwei Simulationsspielen einen hohen Zeitaufwand erfordert, ist neben der Lehrperson zusätzliche personelle Unterstützung notwendig. Diese ermöglicht erst eine umfassende Begleitung und Dokumentation der Simulationsspiele. Entsprechende Mittel, die in für dieses Seminar nicht zur Verfügung standen, sind daher für die Seminarkonzeption entscheidungsrelevant.

Unterstützung durch HRZ (Posterdruck)

Sonstiges

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Kurz-Steckbrief

Angaben zur Veranstaltung
Veranstaltungstyp:
Seminar
Veranstaltungsmodus:
semesterbegleitend
Setting:
Präsenzveranstaltung
Gruppengröße:
ca. 10-35 TN
Angaben zu(r) verwendeten Lehr-Lern-Methode(n) und ggf. Prüfungsmethoden
Lehrmethode(n):
Einsatzbereich(e):
Aktivierung der Studierenden
Überprüfung des Verständnisses
Vertiefende Auseinandersetzung mit dem Lernstoff
Reflexion des Lernprozesses
Präsentation von Ergebnissen
Interaktion zwischen den Studierenden
Erarbeitung von Inhalten
Aktivierung von Vorwissen
Sozialform(en):
Gruppenarbeit
Zeitbedarf:
Aufwand für Nachbereitung hoch (mehr als 1 Std.)
Zeitbedarf für Durchführung hoch (mehr als 1 Std.)
Vorbereitungsaufwand hoch (mehr als 1 Std.)
Materialbedarf:
Internetzugang
Videokamera
Setting für Simulation
Mikrofon
Raumbedarf:
Seminarraum
Personeller Bedarf:
1 Lehrperson
Hilfskräfte/Tutoren

Bilder

Beispiele

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