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Begriffe

Abduktion

Der Begriff Abduktion kommt aus der Erkenntnistheorie und meint die Schlussfolgerung von Konsequenzen bzw. Ergebnissen auf bestimmte Einzelfälle. Im Unterschied zur Induktion und Deduktion wird bei der Abduktion von Resultaten und Regeln auf den Fall bzw. auf mehrere Fälle geschlossen. Dabei können neue Zusammenhänge gefunden und die Erkenntnis erweitert werden.

Hier ein Beispiel:
  Resultat: Diese Bohnen sind weiß.
  Regel: Alle Bohnen in diesem Sack sind weiß.
  Fall: Diese Bohnen sind aus diesem Sack.
 
“The surprising fact, C, is observed;
But if A were true, C would be a matter of course,
Hence, there is reason to suspect that A is true.”

[Charles Sanders Peirce (1839 - 1914), amerikanischer Mathematiker, Philosoph und Logiker]
Quellen:
Hartshorne, Ch. & P. Weiss (1931 - 1935): The Collected Papers of Charles Sanders Peirce. Bände I-VI. University Press, Harvard, Cambridge/Mass. (Band V, Abschnitt 171 "Instinct and Abduction"). Online hier (www.textlog.de) verfügbar.
Richter, A. (1995): Der Begriff der Abduktion bei Charles S. Peirce. Lang Verlag, Frankfurt am Main.
Sandberg, B. (2012): Wissenschaftliches Arbeiten von Abbildung bis Zitat. Lehr- und Übungsbuch für Bachelor, Master und Promotion. Oldenbourg Verlag, München.
Walther, E. (1991): Vorlesungen über Pragmatismus. Meiner Verlag, Hamburg.

Aristoteles

Aristoteles (384 v. Chr. - 322 v. Chr.) gilt als einer der bekanntesten und einflussreichsten Philosophen; er definierte etliche Bereiche des Wissens und Forschens: Logik, Physik, Metaphysik, Kosmologie, Poetik, Ethik, Politik und Biologie. Aristoteles war Schüler Platons, später Lehrer des jungen Prinzen Alexander. Er widmete sich seinen Naturstudien und beschäftigte sich u. a. mit der Wissenschaftstheorie sowie mit der Systematik der Wissenschaften. Viele seiner Gedanken hielt er in Schriften fest und verfasste Bücher, z. B. Organon, Physik, Metaphysik und Nikomachische Ethik.
 
"Allgemein in der menschlichen Natur liegt der Trieb nach Erkenntnis."

[Aristoteles, Metaphysik]
Vor allem ist Aristoteles bekannt für seine Ideenlehre und Grundfrage der Erkenntnistheorie: Was beinhalten allgemeine Ideen, wie sind sie zu erkennen? Die Wahrheit der Welt suchte er - nicht wie viele seiner Zeitgenossen in höheren Sphären - bei uns auf der Erde, indem er Steine, Tiere und Pflanzen genau beobachtete, verglich und klassifizierte. Aristoteles ging bei seinen Beobachtungen methodisch vor. 
Aus seinen Naturstudien erkannte er, dass man Eigenschaften und Merkmale eines Objektes erkennen, feststellen und von anderen Objekten unterscheiden kann. Daraus kann dann abgeleitet (Deduktion) werden, was genau dieses Objekt ausmacht. Dieses logisch systematische Verfahren sowie die deduktive Methode, also aus zwei Behauptungen oder Urteilen eine Schlussfolgerung zu ziehen, wurden von Aristoteles beschrieben und in der Logik als eigenständige Wissenschaft begründet.
 
Die deduktive Methode: Aus zwei Schlüssen eine Schlussfolgerung ziehen.
 
Im Folgenden sehen Sie die Sendung Denker des Abendlandes des Bayerischen Rundfunks; Harald Lesch spricht hier mit Wilhelm Vossenkuhl über Aristoteles (ca. 30 min). Schauen Sie sich gerne dieses Video an und bilden Sie sich Ihre Meinung über den Philosophen Aristoteles.
ARD-alpha (2.07.2017): Denker des Abendlandes. Aristoteles. Harald Lesch im Gespräch mit Wilhelm Vossenkuhl über Aristoteles (ca. 30 min)
 
Quellen:
Höffe, O. (2006): Aristoteles. 3. Auflage. Beck Verlag, München.
Hummel, C. (2015): Das Wissenschaftsbuch. Dorling Kindersley, München.

Aussage, wissenschaftliche

Wissenschaftliche Aussagen drücken einen Sachverhalt, eine Vermutung oder eine Meinung aus und werden (gegenüber Alltagsaussagen) durch überprüfbare Tatsachen (empirische Daten) bzw. Aussagen aus der Literatur (Zitate) belegt. Sie werden also stets auf wahr bzw. falsch geprüft (Sandberg, 2012, S. 22).
Eine Aussage wird dann als wissenschaftliche Hypothese oder wissenschaftliche Grundannahme bezeichnet, wenn sie u. a. theoretisch begründet und allgemeingültig ist.

Hier ein Beispiel:
Heutzutage werden mehr SMS geschrieben als früher.“ ist noch keine wissenschaftliche Aussage, weil kein wissenschaftlicher Beleg genannt wird, der diese Aussage stützt. Hingegen ist folgende Aussage wissenschaftlich: „Laut einer Erhebung des Beratungsunternehmens Dialog Consult lag das SMS-Aufkommen in deutschen Mobilfunknetzen im Jahr 1998 noch bei 1 Mrd. SMS pro Jahr und liegt im Jahr 2004 bereits bei 23.6 Mrd. verschickten Nachrichten.“ (Karmasin & Ribing, 2010, S. 81).
 
 
Es ist hilfreich, folgende Aussagen voneinander zu unterscheiden (Wiswed, 1998):
  • empirische Aussage: Beschreibung und Erklärung von Phänomenen
  • logische Aussage: logisch-mathematische Sätze (z. B. Satz des Pythagoras)
 
Quellen:
Karmasin, M. & Ribing, R. (2010). Die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten. UTB, Stuttgart.
Sandberg, B. (2012): Wissenschaftlich Arbeiten von Abbildung bis Zitat. Oldenbourg Verlag, München.
Siegrist, J. (2005): Medizinische Soziologie. Elsevier Verlag, München.
Wiswed, G. (1998): Soziologie. Moderne Industrie, Landsberg an der Lahn.

Bacon, Francis

Der englische Philosoph Francis Bacon (1561 - 1626) gilt als Wegbereiter der wissenschaftlichen (empirischen) Methode. Er hat erstmals im 17. Jahrhundert ein logisches Vorgehen für die Wissenschaft vorgeschlagen: Der Wissenschaftler solle zunächst Beobachtungen betreiben, um dann eine Theorie zu entwickeln und diese anschließend mittels Experimenten zu überprüfen. Danach legt er diese Theorie anderen Wissenschaftlern vor, die sie überprüfen, entweder Lücken oder Unstimmigkeiten finden oder Experimente durchführen und die Theorie widerlegen oder aber bestätigen. Kurz: Eine Hypothese muss aufgestellt, überprüft und widerlegt bzw. bestätigt werden.
 
“Es gibt nämlich Menschen, die an Unklarheiten ihr Gefallen haben und es als lästig empfinden,
wenn sie sich auf eine Begriffserklärung festlegen sollen.”
                                               
[Francis Bacon]
 
Quelle:
Hummel, C. (2015): Das Wissenschaftsbuch. Naturwissenschaft einfach erklärt. Dorling Kindersley, München. (S. 12f.)

Begriff

Die erfahrbare Realität wird durch Sprache geordnet und definiert; empirische Erscheinungen erhalten Bedeutungen. Der (theoretische) Begriff ist Grundelement des menschlichen Denkens und ein gedankliches Konstrukt, welches übersetzt werden muss. Der Begriff zeigt sich in Form von Worten, Ausdrücken, Zeichen und Symbolen, denen eine bestimmte Bedeutung zugeteilt wird.
Beispiele sind "Haus", "Schnee", "Erzfeind" oder "Durchlauferhitzer".

Ziel begrifflicher Beschreibung ist es, allen Beteiligten bzw. Lesenden den verwendeten Begriffen weitestgehend die gleichen Bedeutungen zu vermitteln. Dafür werden logische (wenn, dann, und, oder etc.) und außerlogische Begriffe verwendet.

Ein neuer Begriff wird über bekannte Begriffe erläutert, die dann den Inhalt des neuen Begriffs abbilden. Das Definiendum ist dabei das zu Definierende, also der neue Begriff und das Definiens ist das Definierende.
 
Beispiel:
Definiendum
"Mann"
Definiens
erwachsen, männlich, menschlich
 
Denkaufgabe:
Wie definiert man Begriffe wie "Tasse" oder "Stuhl"? (Zugegeben, das erscheint einfach. Nun wird es schwieriger:) Was meinen Sie, was ist eine „Randgruppe“? Oder was meint „interkulturelle Identität“?

Bitte formulieren Sie mindestens zwei der Definientia zum jeweiligen Definiendum:
Definiendum
"Tasse"
"Stuhl"
(soziale) "Randgruppe"
"interkulturelle Identität"
Definiens
...
...
...
...
 
Quellen:
Atteslander, P. (2006): Methoden der empirischen Sozialforschung. Erich Schmidt Verlag, Berlin.
Hillmann, K.-H. (1994): Wörterbuch der Soziologie. Kröner Verlag, Stuttgart. (S. 79)

Beobachtung

Die Beobachtung ist eine empirische Methode, bei der Abläufe, Ereignisse oder Verhaltensweisen systematisch erfasst, festgehalten und gedeutet wird. Sie ist (im Gegensatz zur Beobachtung im Alltag) dadurch gekennzeichnet, dass:
  • sie zu einem bestimmten Zweck (vor dem Hintergrund einer Forschungsfrage) ausgeführt wird,
  • sie unvoreingenommen ist, d. h. ohne Bewertung, lediglich objektive Erfassung der Ereignisse,
  • die Anwesenheit der Forschenden eine „Störung“ der natürlichen Abläufe darstellt,
  • sie systematisch und regelgeleitet ist, d. h. beobachtete Ereignisse werden in einem Beobachtungsprotokoll festgehalten.
Die Beobachtung wird je nach Gesichtspunkt unterschiedlich eingeteilt (vgl. Abbildung). Je nach Objekt unterscheidet man Eigen- oder Selbstbeobachtung (die eigene Person ist Gegenstand) und Fremdbeobachtung (andere Personen sind Gegenstand). Je nach der Partizipation des Forschenden im Beobachtungsfeld kann sie ebenso unterschieden werden: Sind die Forschenden ein aktiver Teil des Feldes, welches sie kontrollieren, spricht man von einer aktiv teilnehmenden Beobachtung, ansonsten ist es eine nicht-teilnehmende bzw. passive. Teilnehmende Beobachtungen können offen sein (d. h. die zu Untersuchenden wissen von der Beobachtung) oder verdeckt (d. h. die zu Untersuchenden sind diesbezüglich unwissend). Je nach Grad der Strukturiertheit der Beobachtung, d. h. inwieweit Regeln im Ablauf einzuhalten sind, wird unterschieden in unstrukturiert, teilstrukturiert oder voll-strukturiert. Zudem kann im Feld, also in der Natur bzw. im Alltag, oder im Labor beobachtet werden.
 
Einteilung von Beobachtungen
 
Quellen:
Atteslander, P. (2006): Methoden der empirischen Sozialforschung. Erich Schmitt Verlag, Berlin. (S. 68ff.)
Hussy, W., Schreier, M. & Echterhoff, G. (2010): Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften. Springer Verlag, Berlin. (S. 60, S. 229 - 232)
Sandberg, B. (2012): Wissenschaftlich Arbeiten von Abbildung bis Zitat. Oldenbourg Verlag, München.

Cicero

in Bearbeitung

Comte, August

Der französische Gelehrter und Philosoph August Comte (*1798 in Montpellier - 1857 in Paris) entwarf das System der Wissenschaften und beschäftigte sich u. a. mit der Einteilung der Wissenschaftsbereiche. Er prägte den Begriff des Positivismus.
 
“Erinnert sich nicht ein jeder von uns, der seine eigene Geschichte ins Auge faßt,
daß er, seine wichtigsten Begriffe anbelangend, nacheinander Theologe in seiner Kindheit,
Metaphysiker in seiner Jugend und Naturforscher in seinen Mannesjahren gewesen ist?"

[Auguste Comte]
 
Quelle:
Hillmann, K.-H. (1994): Wörterbuch der Soziologie. 4., überarbeitete und ergänzte Auflage, Kröner Verlag, Stuttgart.

Deduktion

Die Methode, bei der aus dem Allgemeinen (d. h. Regeln, Gesetzmäßigkeiten) das Besondere abgeleitet wird, nennt man Deduktion. Der Gegenbegriff ist Induktion (Karmasin & Ribing, 2010, S. 88).

Beispiel: Aristoteles behauptete nach Beobachtungen aus der Natur, dass schwere Gegenstände schneller fallen müssten als leichte. Galileo Galilei behauptete (durch Nachdenken und mithilfe der Mathematik) das Gegenteil und formulierte die Hypothese, dass nach den Gesetzen der Erdanziehung alle Körper gleich schnell fallen müssten. Mit der technischen Möglichkeit, ein Vakuum zu bilden, ist das auch experimentell überprüfbar. In einem Vakuum oder auf dem Mond fallen eine Eiskugel und eine Feder gleich schnell zu Boden.
Erklärung des Beispiels: Es wurde zuerst die Theorie logisch entwickelt (das Allgemeine) und danach mit einem Experiment überprüft (das Besondere).
 
"Deduktion vs. Induktion", Sabine Treichel (@LLZ) (cc-by-sa-4.0-de)
 
Denkaufgabe:
Auf welcher erkenntnistheoretischen Position beruht Deduktion? Auf den Realismus oder auf den Rationalismus?
 
... den Rationalismus, denn es wird aus einer Gesetzmäßigkeit eine Vermutung für einen Einzelfall abgeleitet. Im Rationalismus werden Theorien oder eben gedanklich formulierte Gesetzmäßigkeiten als Ausgangspunkte für Beobachtungen angesehen.
Quellen:
Bortz, J. & N. Döring (2006): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg. (S. 300f.)
Karmasin, M. & Ribing, R. (2010): Die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten. UTB, Stuttgart. (S. 88)
Sandberg, B. (2012): Wissenschaftlich Arbeiten von Abbildung bis Zitat. Oldenbourg Verlag, München. (S. 36 & S. 222)

Definition

Ein Begriff oder ein Ausdruck sowie deren Verwendung wird festgelegt, ein Inhalt wird erklärt; es entsteht eine Definition. Dabei werden einem Wort präzise und überschneidungsfrei bestimmte Merkmale zugeordnet. Eine Definition ist keine Theorie: einer Definition fehlt ein empirischer Gehalt, sie ist ein sprachlicher Konsens - ein Konstrukt - über das Verständnis eines Begriffes.

Ein Beispiel: 'Interesse' ist definiert als generalisierte Verhaltenstendenz, von einer bestimmten Klasse von Anreizen oder Tätigkeiten angezogen zu werden (Guilford et al., 1954).

Bei der Definition unterscheidet man...
  • Realdefinition: Hier wird die Begriffsbedeutung durch den direkten Verweis auf konkrete und reale Sachverhalte festgelegt. Es wird also festgestellt, wie, der Begriff verwendet wird.
  • Nominaldefinition: Ein neuer Begriff wird über bekannte Begriffe erläutert, die den Inhalt des neuen Begriffs abbilden; hierbei wird ein Terminus/Ausdruck bestimmt.
  • Analytischen Definition: Ein Begriff wird durch Analyse seiner Semantik und seines Gebrauchs erklärt, meist empirisch.
Definiendum
das zu Definierende
Definiens
das Definierende
Explanans
das Erklärende
Explanandum
das zu erklärende Phänomen
 
Die Anforderungen an Definitionen sind Eindeutigkeit, Zweckmäßigkeit, im Sinne von Ein- und Abgrenzung zu anderen Sachverhalten sowie eine konsistente Verwendung.

Übrigens muss eine Definition nicht wahr sein, d. h. an der Realität prüfbar sein. Sie ist lediglich eine sprachlich formulierte Gleichung: Begriff = Umschreibung. Auch sind Definitionen selten vollständig, weil man meist auf andere Begriffe zurückgreifen muss (siehe auch bei unserer Definition von 'Definition'), deren Verständnis wiederum vorausgesetzt wird).
 
Quellen:
Karmasin, M. & Ribing, R. (2010): Die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten. UTB, Stuttgart. (S. 82)
Töpfer, A. (2012): Erfolgreich forschen. Springer Verlag, Berlin. (S. 74)
Sandberg, B. (2012): Wissenschaftlich Arbeiten von Abbildung bis Zitat. Oldenbourg Verlag, München. (S. 22)

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