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E-Portfolios in Seminaren zur Verbesserung der wissenschaftlichen Schreibkompetenz

Erfahrungsbericht

Setting und Inhalt der Lehrveranstaltung

Die hier beschriebenen fünf Lehrveranstaltungen wurden vom Zentrum für fremdsprachliche und berufsfeldorientierende Kompetenzen (ZfbK) innerhalb des Bereichs Außerfachliche Kompetenzen (AfK) angeboten und folgten dem übergeordneten Ziel, wissenschaftliche Schreibkompetenz zu erwerben. Die Teilnehmeranzahl war auf 12 Studierende pro Kurs begrenzt.

Die beiden Kurse "Planen und Strukturieren beim wissenschaftlichen Schreiben" und "Wissenschaftliches Schreiben DaF II: Planen und Strukturieren von Texten" betrachten die Makroebene der Textproduktion. Inhalte der Veranstaltungen waren hier u.a. die Themensuche und Themeneingrenzung, die inhaltliche und zeitliche Planung eines Themas, die Literaturauswahl und -bewertung, die Strukturierung einer wissenschaftlichen Arbeit, der Umgang mit Schreibblockaden und -hemmungen und der Aufbau einer Argumentation.

Die beiden Veranstaltungen "Sprachlicher Feinschliff beim wissenschaftlichen Arbeiten" sowie "Wissenschaftliches Schreiben DaF III: Sprachlicher Feinschliff (C1+)" setzten hingegen auf der Mikro-Ebene der Textarbeit an, indem Themen wie die Entwicklung eines roten Fadens, Kohärenz, Satzverknüpfungen, eine präzise schriftliche Ausdrucksweise und Zeichensetzung im Fokus standen.

Die Veranstaltung "Technik des wissenschaftlichen Schreibens" drehte sich vornehmlich um den professionellen Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen.

Didaktisches Lehrkonzept und eingesetzte Lehrmethoden

In den Lehrveranstaltungen wurden – neben der regelmäßigen Erstellung eigener Texte – wöchentlich Reflexionsbeiträge verfasst und in E-Portfolios zusammengestellt. In den Reflexionsbeiträgen sollten die Studierenden tagebuchähnlich ihre persönlichen Schreiberfahrungen festhalten und auf diesem Wege ihre Lernprozesse reflektieren.

Der Portfolio-Einsatz folgte nicht explizit einem klassischen Portfolio-Konzept. Dennoch kann der Einsatz als "Prozessportfolio" (vgl. S. 11, http://www.methodenpool.uni-koeln.de/download/portfolio.pdf [16.05.2013] In: Reich, K. (Hg.): Methodenpool), aufgefasst werden, da die Darstellung und Reflexion des subjektiven Lernprozesses im Fokus stand.

In der Lehrveranstaltung gab es Leitfragen, anhand derer die Studierenden nach jeder Präsenzsitzung das Gelernte reflektieren und ihren Portfolioeintrag entsprechend gestalten sollten:
- Lernerfahrungen/Lernverlauf (Prozess): Wie leicht/schwer fiel Ihnen die Übung an welcher Stelle? Was hat gut, was noch nicht so gut funktioniert?
- Erkenntnisgewinne/Lernerfolge: Was haben Sie Neues gelernt?
- Arbeitsergebnisse (Produkt): Womit sind Sie zufrieden, womit eher nicht?
- Weiterführende Gedanken/Ideen: Was nehmen Sie sich zukünftig in welcher Situation vor? Was werden Sie weiterhin/noch in Zukunft anwenden?

Da es sich bei allen Seminaren um schreibintensive Kurse handelte, stand auch bei der Portfolioarbeit das Schreiben im Vordergrund. Dementsprechend waren alle Portfolios ausschließlich textuell gestaltet. Andere Medienformate wurden nicht eingebettet.

Pro Veranstaltung sollte jeder Studierende ein eigenes Portfolio anlegen. In dieses war pro Sitzung eine Seite hinzuzufügen, so dass am Ende des Kurses 15 Sitzungen auf je einer Seite angelegt waren. Zur Orientierung wurde eine halbe Seite Text pro Sitzung vorgegeben. Inhaltlich wiesen die unterschiedlichen Portfolios eine breite Spanne auf: Diese erstreckte sich von Beschreibungen der gehaltenen Veranstaltungsstunde – was nicht Ziel der Portfolio-Aufgabe war – bis hin zu tatsächlichen Reflexionen des eigenen Schreiberlebens.

Das Schreiben der E-Portfolios wurde in der Regel als Hausaufgabe erledigt, nur einzelne Teilnehmer/-innen schrieben bereits während des Unterrichts Stichpunkte für ihre Portfolioeinträge mit. Wenn ein Studierender z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer Sitzung teilnehmen konnte, musste er trotzdem die Stunde anhand der bereitgestellten Lehrveranstaltungsmaterialien nachbereiten und einen Portfolio-Eintrag verfassen.

Die Rückmeldung zu den Portfolios erfolgte von der Dozentin nicht individuell, sondern lediglich als allgemeines mündliches Feedback zu Beginn der neuen Sitzung. So konnten den Studierenden signalisiert werden, dass ihre Arbeit gelesen und gewürdigt wurde. Auf ein qualitatives inhaltliches Feedback wurde bewusst verzichtet, um den Charakter eines "persönlichen Tagebuchs" wahren zu können. Dies war notwendig, da sich die Studierenden in den Portfolio-Einträgen häufig sehr persönlich und emotional mit Schreibhemmungen, Schreibblockaden und Selbstzweifeln auseinandersetzten.

Die Möglichkeit einer Portfolio-Nutzung ist in der Modulbeschreibung der Lehrveranstaltung verankert. Hier wird Portfolio als alternative Prüfungsform genannt, wobei auch eine Überarbeitung des Portfolios binnen vier Wochen als Wiederholungsversuch zugelassen ist. Die Arbeit an den Portfolios war aber nicht für alle Studierenden verpflichtend. Lediglich Studierende, die Credit Points bzw. einen Leistungsnachweis erwerben wollten, mussten das Portfolio regelmäßig pflegen. Personen, die keine Prüfungsleistung absolvierten, war die Portfolio-Arbeit frei gestellt. Ihnen wurde die Nutzung eines Portfolios aber mit Verweis auf den hohen Lerngewinn nahe gelegt.

Technische Aspekte

Als technische Grundlage wurde die Open-Source-Lernplattform ILIAS der JLU verwendet, die mit der Version 4.2 hochschulweit eine E-Portfolio-Funktion bereitstellt.

Reflexion des Einsatzes

Da bezogen auf alle fünf Kurse ca. 40% der Teilnehmer/-innen keine AfK-Punkte bzw. Credit Points benötigten, nutzten über die Hälfte der Personen das Portfolio nicht durchgängig. Sie stiegen zwar zu Beginn des Semesters in die Portfolio-Arbeit ein, doch nach ca. fünf Sitzungen, so beobachtete die Dozentin, war die Portfolio-Nutzung rückläufig.

Bei den Personen, die konsequent das Portfolio pflegten, konnte die Dozentin eine Verbesserung der inhaltlichen Qualität feststellen. Aus Ihrer Sicht sind die Studierenden zu reflexionsbasierten Erkenntnissen gelangt, auf die sie ohne die regelmäßige Auseinandersetzung mit den Portfolio-Einträgen nicht gekommen wären. Dadurch hatten sie die Möglichkeit, positive Schreiberfahrungen sammeln, die in ihrer bisherigen Schreiblaufbahn in den Hintergrund getreten waren.

Die Dozentin hatte den Eindruck, dass sich ihre beabsichtigte Erwartung an den Portfolio-Einsatz bei den Studierenden, die regelmäßig Einträge schrieben, erfüllt haben. Insbesondere die selbstreflexiven und metakognitiven Kompetenzen der Studierenden konnten gesteigert werden und die Eigenverantwortung für den eigenen Lernprozess erhöhte sich. Die Motivation der Studierenden wurde nur teilweise positiv beeinflusst, da nur wenige Studierende tatsächlich motiviert Einträge vornahmen, sondern eher Einträge schrieben, da es für die Erfüllung des Leistungsnachweises verlangt wurde.

Die technische Einführung der Portfolio-Arbeit in den Unterrichtsverlauf benötigte zu Anfang einige Unterstützung von Seiten der Dozentin. Da die überwiegende Zahl der Lehrveranstaltungen in einem PC-Pool stattfanden, konnten die Dozentin in der ersten Stunde Hilfestellung beim Anlegen der Portfolios geben, so dass die Studierenden während des Präsenzunterrichts bereits mit ihrem ersten Eintrag beginnen konnten. Wie die Dozentin beobachtete, war die Hilfestellung selbst nach der detaillierten Einführung ihrerseits mit Hilfe von Screenshots und einem Video-Tutorial zur Nutzung von Portfolios in ILIAS notwendig.

Problematisch bei der Portfolionutzung von Seiten der Studierenden erschien der Dozentin rückblickend, dass es für Studierende teilweise schwierig war, das Portfolio online zu führend. Hier schien insbesondere der Unterschied zwischen ILIAS als Kursraum, in dem Veranstaltungsinhalte hinterlegt waren, und der gleichzeitigen Nutzung von ILIAS als persönlichem Schreibtisch, dem das Portfolio zugeordnet ist, zu verwirren. Die Logik des Kursraums und des persönlichen Bereichs in ILIAS schien nicht unmittelbar intuitiv zugänglich.

Unterstützung und Beratung

Die Dozentin wurde bei der Planung des Portfolio-Einsatzes im Rahmen ihres individuellen Veranstaltungskonzeptes intensiv von Seiten der Koordinationsstelle Multimedia (KOMM) des Hochschulrechenzentrums beraten. Neben dem Besuch einführender Schulungen zu den Möglichkeiten von ILIAS und E-Learning wurden individuelle Beratungstermine vereinbart, in denen das Portfolio-Konzept erläutert und die technische Handhabung demonstriert wurde. Darüber hinaus stand das KOMM-Team während des Semesters als Ansprechpartner zur Verfügung.


Ansprechpartner bezüglich des Erfahrungsberichts:

Hochschulrechenzentrum
Mirco Hilbert
Gruppe Medien und E-Learning
E-Mail: mirco.hilbert@hrz.uni-giessen.de
Tel.: 0641 / 99 130 97

Zentrum für fremdsprachliche und berufsfeldorientierende Kompetenzen (ZfbK)
Hochschuldidaktik
E-Mail: hochschuldidaktik@zfbk.uni-giessen.de
Telefon: 0641 / 98 442 144

Sonstiges

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Kurz-Steckbrief

Angaben zur Veranstaltung
Veranstaltungstyp:
Seminar
Veranstaltungsmodus:
semesterbegleitend
Setting:
Blended Learning
Gruppengröße:
ca. 10-35 TN
Angaben zu(r) verwendeten Lehr-Lern-Methode(n) und ggf. Prüfungsmethoden
Lehrmethode(n):
Einsatzbereich(e):
Interaktion zwischen Studierenden und Lehrenden
Reflexion des Lernprozesses
Prüfungsmethode
Präsentation von Ergebnissen
Sozialform(en):
Einzelarbeit
Zeitbedarf:
Aufwand für Nachbereitung gering
Zeitbedarf für Durchführung mittel (ca. 1 Std.)
Vorbereitungsaufwand gering
Materialbedarf:
Internetzugang
PC-Plätze für Studierende
Raumbedarf:
Seminarraum
Personeller Bedarf:
1 Lehrperson
technischer Support

Bilder

Beispiele

Links

Reich, K. (Hg.): Methodenpool