Wiki "KI in der Hochschule"
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26. OAG-Treffen 28.10.2025
Datum: 28. Oktober 2025, 9:00 - 10:30 Uhr
Protokollführung: Sebastian Busse (unterstützt durch ChatGPT-4o, https://www.openai.com/)
Teilnehmende: Annika Brück-Hübner, Christian Uhl, Christina Koch, Eric Hebenstreit, Frank WD (UB), Holger Repp, Joss von Hadeln, Kimberly-Annalena Munjal, Manuel, Nadine Ackermann, Roman Henke, Sebastian Busse, Shirin Mulch, Tanja Trzeciak
Das nächste OAG-Treffen findet statt am 09.12.2025, 9:00 - 10:30 Uhr. (Der Treffen am 25.11. muss auf auf diesen Termin verschoben werden.)
Teilnahme-Link: https://webconf.hrz.uni-giessen.de/b/seb-c7n-lnt-cqu
1. Begrüßung und Organisatorisches
Die Open Affinity Group traf sich zum 26. Mal und begrüßte zahlreiche neue Teilnehmende, auch als Folge des Sommercamps im September. Die Gruppe ist am Zentrum für Angewandte Informatik und Data Science (ZAD) angesiedelt und erweitert den bisherigen Fokus von Hochschullehre um Forschung sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte der KI-Transformation. Das Treffen findet künftig regulär am vierten Dienstag im Monat von 9:00 bis 10:30 Uhr statt. Für Fragen zur Umsetzung von KI-Methoden und anderen Data-Science-Themen steht das ZAD als zentrale Anlaufstelle zur Verfügung. Als Idee wurde angeregt, Mini-Steckbriefe der regelmäßigen Teilnehmenden im Wiki zu sammeln, um einen besseren Überblick über die Community zu ermöglichen.
2. KI-generierte Bilder: Nutzung und Kennzeichnung
Die Frage nach dem Umgang mit KI-generierten Bildern auf Webseiten und in Veröffentlichungen wurde diskutiert, insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Regularien. Empfohlen wird die Kennzeichnung durch Angabe des verwendeten KI-Modells (z. B. „DALL-E/OpenAI") und des Erstellungsdatums, analog zur Urheberrechtskennzeichnung klassischer Bilder. Diese Angaben können entweder direkt am Bild oder in den Bildnachweisen erfolgen. KI-generierte Bilder sind grundsätzlich gemeinfrei und unterliegen keinem Urheberrecht. Jedoch besteht bei starker Ähnlichkeit zu urheberrechtlich geschützten Originalwerken ein Risiko für Rechtsansprüche des ursprünglichen Urhebers – dies gilt insbesondere, wenn Bilder im Stil bekannter Künstler oder mit erkennbarer Ähnlichkeit zu existierenden Werken generiert werden. Die rechtliche Situation ist noch nicht abschließend geklärt und entwickelt sich weiter; das europäische Urheberrecht arbeitet mit dem Konzept der „Schöpfungshöhe". Besondere Vorsicht ist bei der Darstellung von Personen geboten, da hier Persönlichkeitsrechte verletzt werden können. Als Beispiel für die Praxis wurde die Webseite des HRZ genannt, wo KI-generierte und bearbeitete Bilder mit entsprechenden Hinweisen in den Bildnachweisen gekennzeichnet sind. Die zentrale Bildredaktion (Sara Strüßmann) wurde als potenzielle Ansprechpartnerin für universitätsweite Richtlinien genannt.
3. Eigenständigkeitserklärungen und KI-Einsatz in Prüfungen
Für das Modul „Informations- und Datenmanagement" wurden neue Richtlinien zur Eigenständigkeitserklärung entwickelt, die bei jeder wöchentlichen Aufgabenabgabe eingefordert werden. Hintergrund sind Betrugsfälle in vergangenen Semestern. Die Studierenden wurden aufgefordert, diese Richtlinien zu bewerten und Feedback zur Praktikabilität zu geben. Das Feedback fiel überwiegend positiv aus; die Richtlinien wurden als klar und gut umsetzbar bewertet. Das Dokument wurde mit der Gruppe geteilt und kann von anderen Lehrenden als Referenz genutzt werden. Es wurde betont, dass diese Richtlinien modulspezifisch sind und nicht übergreifend für die gesamte Universität gelten, da jede Lehrveranstaltung eigene Regelungen zum KI-Einsatz treffen muss. Das übergeordnete Thema „KI-Einsatz in Abschlussarbeiten und Täuschungsversuche" wurde als hochrelevant identifiziert und soll in einem eigenen, ausführlichen Treffen behandelt werden, da es viele Lehrende betrifft. Hierfür sollen vorab verschiedene Ansätze und Dokumente gesammelt werden, um einen Pool an Best Practices und Handlungsempfehlungen zu erstellen.
4. Gesamtuniversitäre KI-Strategie und Workshop am 25. November
Ein universitätsweiter KI-Workshop ist für den 25. November 2025 geplant und wird vom Präsidium koordiniert, organisatorisch unterstützt durch HRZ und Stabsstelle Lehre (StL). Der Workshop soll als strategischer Kick-off dienen, um Stakeholder aus allen Bereichen (Lehre, Forschung, Verwaltung, Transfer) zu vernetzen und einen gesamtstrategischen Prozess zur KI-Nutzung an der JLU anzustoßen. Es wurde klargestellt, dass dies kein „Startpunkt" im Sinne eines erstmaligen Befassens mit KI ist – vielmehr baut der Prozess auf bestehenden Aktivitäten auf, insbesondere der Arbeit des ZAD, der Hochschuldidaktik und von HessenHub. Das ZAD ist eng in den Vorbereitungsprozess eingebunden; es fanden bereits mehrere Vortreffen statt, in denen Bedarfe erhoben und Use Cases sowie User Stories gesammelt wurden. Der Termin überschneidet sich mit dem regulären Termin der Open Affinity Group. Es wurde beschlossen, das nächste OAG-Treffen zu verschieben; der Ausweichtermin wird zeitnah per Newsletter kommuniziert. Teilnehmende wurden ermutigt, am Workshop teilzunehmen.
5. Basiskompetenzen für KI-Nutzung in der Hochschule
Eine Arbeitsgruppe Digitale Medien der DGHD (Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik) hat ein Papier zu KI-Basiskompetenzen für Hochschulangehörige erarbeitet, das in 2–3 Wochen veröffentlicht wird. Das Dokument definiert Minimalkompetenzen, die jede Person an der Hochschule im Umgang mit KI benötigt, unabhängig von der Statusgruppe. Die Kompetenzen sind in drei Bereiche gegliedert: technologische Kompetenzen (Grundbegriffe wie Algorithmus, Training, Sprachmodell, Token; Unterschiede zwischen Mensch und KI-Systemen; Prompt-Strategien; Einschätzung der Plausibilität von KI-Output), rechtliche Kompetenzen (rechtliche Rahmenbedingungen, Urheberrecht, Datenschutz, institutionsspezifische Regelungen) und ethische Kompetenzen (Bewusstsein für eigene Verantwortung, ethische Dimensionen wie Fairness und gute wissenschaftliche Praxis, Ressourcenverbrauch und Nachhaltigkeit, Stereotype in Trainingsdaten, soziale und gesellschaftliche Auswirkungen). Das Papier wurde über ein halbes Jahr intensiv diskutiert und soll als Orientierung für Basisschulungen dienen. Es wird betont, dass dies eine Momentaufnahme ist, die regelmäßig aktualisiert werden muss. In einem nächsten Schritt sollen hochschuldidaktische Perspektiven für verschiedene Settings entwickelt werden. Das Dokument kann nach Veröffentlichung über den OAG-Newsletter geteilt werden; Joss und Sebastian werden Feedback geben und einen Austausch organisieren.
6. Reflektieren mit KI: Handreichung für Studierende
Ergänzend zum Basiskompetenzen-Papier wurde eine Handreichung zum Reflektieren mit KI von Annika Brück-Hübner vorgestellt, die speziell für Lehramtsstudierende entwickelt wurde. Hintergrund ist die Beobachtung, dass Studierende zunehmend Schwierigkeiten mit Reflexionsfähigkeit haben und KI dies potenziell verstärken könnte. Die Handreichung beginnt mit einer Klärung, was Reflexion überhaupt ist und warum sie wichtig ist, bevor konkrete Hinweise zum Umgang mit KI beim Reflektieren gegeben werden. Das Dokument wurde über eine JLU-Box geteilt und kann von Interessierten eingesehen und kommentiert werden. Es wird erstmalig im aktuellen Semester eingesetzt; Feedback ist ausdrücklich erwünscht. Die Herausforderung besteht darin, dass Lehrende nicht kontrollieren können, ob und wie Studierende KI für Reflexionsaufgaben nutzen.
7. Grundkompetenzen im KI-Zeitalter: Kritisches Denken und wissenschaftliches Arbeiten
Eine intensive Diskussion entwickelte sich zur Frage, welche Grundkompetenzen Menschen im KI-Zeitalter benötigen – nicht nur KI-spezifische Kompetenzen, sondern auch fundamentale Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, kritisches Denken und wissenschaftliches Arbeiten. Es wurde betont, dass diese Kompetenzen trotz oder gerade wegen KI erhalten und gefördert werden müssen. Kritisches Denken und fundiertes wissenschaftliches Hinterfragen wurden als essenzielle Skills identifiziert, die bereits vor der KI-Welle wichtig waren, nun aber noch relevanter werden. Das Problem: Diese Kompetenzen werden an Universitäten oft nicht explizit gelehrt, sondern als selbstverständlich vorausgesetzt. Studierende sollen wissenschaftliches Arbeiten „nebenbei" lernen, ohne systematische Schulung in Quellenrecherche, Quellenbewertung oder kritischer Textanalyse. Es wurde vorgeschlagen, solche Grundkompetenzen stärker in fachliche, prüfungsrelevante Veranstaltungen zu integrieren (z. B. betreutes Lesen von Fachtexten, explizite Übungen zu wissenschaftlichem Arbeiten im Seminarkontext), statt sie in separate Methodenkurse auszulagern, die oft weniger ernst genommen werden. Als historischer Kontext wurde auf den Kulturpessimismus bei früheren technologischen Entwicklungen verwiesen (Radio, Fernsehen, Wikipedia), wobei gleichzeitig anerkannt wurde, dass es durchaus messbare Veränderungen gibt (z. B. Rückgang in Bildungsstandards, kürzere Aufmerksamkeitsspannen).
8. Mediennutzung, Aufmerksamkeit und veränderte Lerngewohnheiten
Die veränderten Seh- und Lesegewohnheiten jüngerer Generationen wurden ausführlich diskutiert. Beobachtet werden kürzere Aufmerksamkeitsspannen, eine Präferenz für audiovisuelle Formate und Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen umfangreicher Texte. Diese Entwicklung ist nicht allein durch KI verursacht, wird aber durch KI-generierte Inhalte beschleunigt. Die „KI-Flut" minderwertiger, „hohler“ Texte im Internet („AI-Slop“) erschwert die Quellenrecherche erheblich; Studierende erleben Frustration, wenn die ersten 50 recherchierten Artikel wenig Substanz haben, was zu einer allgemeinen Lese-Müdigkeit führt. Gleichzeitig ändern sich Mediensozialisationen grundlegend: Bereits bei Kinderserien (Vergleich alte vs. neue Biene-Maja- oder Wickie-Folgen) sind deutlich höhere Reizfrequenzen, schnellere Bildabfolgen und intensivere Geräuschkulissen zu beobachten. Jüngere Generationen sind an diese höhere Stimulationsrate gewöhnt und finden ältere, langsamere Formate weniger ansprechend. Dies hat neurologische Auswirkungen auf die Informationsverarbeitung. Empfohlen wurde ein zweigleisiger Ansatz: Einerseits Studierende gezielt an qualitativ hochwertige Quellen (Fachdatenbanken, renommierte Journals) heranführen und explizit schulen, wie man diese findet und nutzt. Andererseits auch Lehrinhalte in audiovisuellen Formaten (Podcasts, Lehrvideos) anbieten, ohne dabei die Bedeutung schriftlicher Kompetenzen zu vernachlässigen. Es wurde betont, dass Menschen von Natur aus auf personalisierte und emotionalisierte Inhalte ansprechen – Aspekte, die audiovisuelle Medien besser bedienen können als trockene Fachtexte. Universitäten müssen Strukturen schaffen, die Grundkompetenzen fördern, statt darauf zu vertrauen, dass Studierende diese eigenständig entwickeln. Das Konzept der „Gratifikationsverzögerung" (die Fähigkeit, für langfristige Belohnungen kurzfristige Frustrationen auszuhalten) muss aktiv trainiert werden.
9. Soziale Schere und Reflexionsfähigkeit
Als kritischer Aspekt wurde die zunehmende soziale Schere thematisiert: Während einige Personen reflexiv und kritisch mit KI umgehen können, fehlt anderen diese Kompetenz vollständig. Dies hat erhebliche gesellschaftliche Implikationen, insbesondere wenn nur wenige in der Lage sind, KI-generierte Informationen kritisch zu hinterfragen, während andere sich unkritisch „beschallen lassen". Für die Lehramtsausbildung ist dies besonders relevant, da angehende Lehrkräfte diese Kompetenzen in Schulen weitertragen müssen. Die Frage, wie Hochschulen einen „Shift zu mehr Bildung" erreichen können, bleibt weitgehend offen und bedarf weiterer Diskussion. Dieses Thema soll in einem zukünftigen Treffen vertieft werden.
10. Digital Hub und Gründungsunterstützung
Das ECM – Gründungszentrum der JLU etabliert im Rahmen eines geförderten Projekts einen Digital Hub, in dem KI-Technologien erprobt werden können und Gründer im Digitalbereich unterstützt werden. Ziel ist es, einen Raum für Experimente und Ausgründungen zu schaffen. Um Parallelstrukturen zu vermeiden und Synergien zu nutzen, wurde ein Austausch mit dem ZAD angeregt. Das ZAD konzentriert sich primär auf Forschung und Lehre; Transfer ist mitgedacht, aber nicht der Hauptfokus. Eine Zusammenarbeit könnte sicherstellen, dass Kompetenzen gebündelt werden und auch Transferaspekte sowie Ausgründungen systematisch mitgedacht werden. Ein Treffen zwischen Joss und den Vertretern des ECM (Manuel und Roman) soll kurzfristig organisiert werden.
11. Austausch und Vernetzung: Giessener Hochschulgesellschaft und Faculty Club
Als informelle Austauschmöglichkeit wurde auf den Faculty Club der Gießener Hochschulgesellschaft hingewiesen, der am selben Abend (28. Oktober, 17:00 Uhr) im Heyligenstaedt stattfand. Der Faculty Club bietet einen Rahmen für persönlichen Austausch bei Oliven, Käse und Getränken zu hochschulrelevanten Themen. Eine Anmeldung ist erforderlich; Gäste können auch ohne Mitgliedschaft teilnehmen. Aufgrund der Mitgliederversammlung und Direktoriumssitzung des ZAD am Folgetag konnten nicht alle ZAD-Vertreter teilnehmen, jedoch bestand Interesse an zukünftigen Terminen.
12. Sammlung aktueller KI-Artikel und Ressourcen
Als Wunsch wurde geäußert, dass regelmäßig aktuelle Artikel, Paper und Ressourcen zum Thema KI in der Gruppe geteilt werden, um einen qualitativ hochwertigen Filter für relevante Entwicklungen zu haben. Dies soll keine „Hausaufgabe" sein, sondern ein niedrigschwelliges Angebot für Interessierte. Vorgeschlagen wurde, solche Ressourcen über den OAG-Newsletter zu teilen oder im OAG-Wiki zu sammeln. Teilnehmende wurden ermutigt, interessante Fundstücke an das ZAD zu senden. Ergänzend könnte eine Sektion „Leseempfehlungen" im Newsletter etabliert werden.
13. Update zum JLU-KI-Chat
Die JLU-KI-Chat-Plattform (basierend auf Open-Source-Lösungen) wird in den kommenden Wochen von Version 1 auf Version 2 aktualisiert. Die Entwicklung erfolgt durch ein kleines Team am HRZ und zielt nicht auf Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern, sondern auf sichere, allgemein zugängliche Basiszugänglichkeit. Neue Funktionen in Version 2 umfassen: Websuche für viele Modelle (ein-/ausschaltbar), insbesondere auch Google-Modelle zusätzlich zu den bereits vorhandenen Anthropic- und OpenAI-Modellen; geräteübergreifende, verschlüsselte Chats mit personalisierbarer Menüleiste (ähnlich wie bei kommerziellen Anbietern); erweiterte Exportformate für den Output. Mittelfristig (nicht im ersten Release) folgt ein Dokumenten-Upload. Die Entwicklung erfolgt in einem Open-Source-Umfeld mit begrenzten Ressourcen; Bugs sind zu erwarten und werden sukzessive behoben. Nutzer werden um Verständnis und Feedback gebeten.
Zuletzt geändert: 5. Nov 2025, 3:41pm, Trzeciak, Tanja [j_w4q6k4m]