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Tasch, Jana [gz496], Bärenfänger, Maja [gz464], Dabrowski, Eva [gm2482] - 17. Dez 2024, 11:45am

Virtual Reality für Ihre Lehrveranstaltung

Quelle: Pixabay
Virtual Reality (VR) hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und verändert die Art und Weise, wie wir digitale Inhalte erleben können. Als immersive Technologie schafft VR eine künstliche Umgebung, die die Nutzerinnen und Nutzer mithilfe von VR-Headsets in eine virtuelle Welt eintauchen lässt. Diese Technologie spielt nicht nur in der Unterhaltungsindustrie eine Rolle, sondern bietet auch neue Möglichkeiten in der Hochschullehre. Hier erhalten Sie eine kurze Einführung zu den wesentlichen Aspekten beim konkreten Einsatz von Virtual Reality in der Lehre.
Die Integration von Virtual Reality (VR) in der Hochschullehre bietet ein enormes Potenzial: Von interaktiven Lernwelten bis hin zu praxisnahen Simulationen – VR kann die Qualität der Lehre maßgeblich verbessern und Studierende auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. Doch wie genau kann diese Technologie in der Hochschulbildung sinnvoll eingesetzt werden? Und wie müssen Sie als Lehrende konkret vorgehen, wenn Sie VR in Ihrer eigenen Lehrveranstaltung einsetzen wollen?

Potenziale von VR in der Hochschullehre

  1. Immersion und verbesserte Lerneffizienz: VR ermöglicht eine tiefgreifende Immersion, bei der Studierende in realistische, interaktive Lernumgebungen eintauchen, was die Lernmotivation steigern  und die Effizienz des Lernprozesses erhöhen kann.
  2. Visualisierung komplexer Inhalte: Durch VR können abstrakte oder komplexe Themen wie chemische Reaktionen oder anatomische Strukturen visuell und interaktiv dargestellt werden, was das Verständnis und die Erinnerung an schwierige Konzepte verbessern kann.
  3. Sicheres und kontrolliertes Umfeld für praktisches Lernen: VR bietet Studierenden die Möglichkeit, praktische Erfahrungen in einer sicheren Umgebung zu sammeln, in der Fehler keine realen Konsequenzen haben, wodurch das Risiko von Schäden oder Unfällen minimiert wird.
  4. Skalierbarkeit und Zugänglichkeit: VR ermöglicht es, Lerninhalte auf eine Weise zu skalieren, dass sie einer breiten Studierendengruppe zugänglich gemacht werden können, unabhängig von deren geografischer Lage oder den verfügbaren Ressourcen.
  5. Förderung der Zusammenarbeit und sozialen Interaktion: VR-Technologie fördert die Zusammenarbeit, indem Studierende in virtuellen Umgebungen gemeinsam an Projekten arbeiten oder interaktive Aufgaben lösen, was soziale Interaktion und Teamarbeit stärken kann.
  6. Anpassbare und flexible Lernpfade: In einer VR-Lernumgebung können Lernpfade individuell angepasst werden, sodass Studierende im eigenen Tempo und entsprechend ihrer Bedürfnisse und Interessen lernen können.
  7. Innovative Lehrmethoden und -techniken: Der Einsatz von VR eröffnet neue und kreative Lehrmethoden, wie spielerische Lernansätze oder simulationsbasierte Szenarien, die den traditionellen Unterricht ergänzen und bereichern können.
  8. Erhöhung der globalen und kulturellen Kompetenz: VR ermöglicht es Studierenden, verschiedene Kulturen und globale Perspektiven in einer immersiven Umgebung zu erleben, wodurch ihre kulturelle Sensibilität und ihr globales Verständnis gefördert werden können.

Beispiele aus der Praxis

Chemie: Virtuelle Laborpraktika
In der Chemie könnten VR-Simulationen dazu genutzt werden, gefährliche oder kostspielige Experimente im Labor nachzustellen. Studierende können chemische Reaktionen virtuell durchführen und die Reaktionen in einer sicheren Umgebung beobachten, ohne Gefahr für sich oder andere. Zudem können in VR-Laboren auch komplexe Verfahren erklärt und getestet werden, wie sie in der Industrie vorkommen. Das ermöglicht eine praxisnahe und risikofreie Schulung.
Biologie: Virtuelle Forschung und Mikroskopie
In der Biologie können Studierende mit VR in mikroskopische Welten eintauchen und Zellstrukturen oder genetische Prozesse in 3D erleben. Sie können virtuelle Dissektionen durchführen oder biologische Experimente beobachten, ohne im Labor auf teure oder schwer zugängliche Proben angewiesen zu sein. VR kann auch dazu verwendet werden, komplexe biologische Prozesse, wie die DNA-Replikation oder Zellteilung, in einem interaktiven, leicht verständlichen Format darzustellen.
Screenshot aus Projektvideo zu Move2: MOVE - Make Your Own Virtual Reality Experience.
GreifbAR, Rais, Queisner (CC BY-NC-ND): Projektwebsite Universität für Experimentelle Chirurgie: GreifbAR- Extended Reality in Surgical Training.
Medizin: Virtuelle Chirurgie
In der medizinischen Ausbildung ermöglicht VR angehenden Ärzten das Üben von chirurgischen Eingriffen in einer sicheren, risikofreien Umgebung. Virtuelle Operationen helfen, das präzise Arbeiten und die Hand-Auge-Koordination zu trainieren, ohne dass echte Patienten gefährdet werden. VR-Simulationen bieten zudem die Möglichkeit, seltene oder komplexe medizinische Fälle zu erleben, die in der Praxis nicht so häufig vorkommen.
Archäologie: Virtuelle Artefakte 
In der Archäologie eröffnet der Einsatz virtueller Museumsräume völlig neue Möglichkeiten für die Lehre. Studierende können in der immersiven Umgebung archäologische Artefakte detailliert betrachten, ihre räumliche Anordnung analysieren und sie in Bezug zu anderen Objekten setzen. Dabei lernen sie nicht nur das richtige "Sehen" und Beschreiben, sondern auch, wie man die zeitliche und geografische Einordnung sowie die semantische Bedeutung eines Objekts erschließt. Besonders Studienanfänger profitieren von interaktiven Lernsequenzen, die sie spielerisch an grundlegende wissenschaftliche Arbeitsmethoden heranführen. Virtuelle 3D-Modelle ermöglichen es zudem, fragile oder fragmentarisch erhaltene Artefakte zu rekonstruieren und in ihrem ursprünglichen Kontext zu erleben – eine praxisnahe und faszinierende Art, methodische Kompetenzen in der Kulturgutvermittlung zu erlernen.
Kunst: Sicherheitsunterweisungen für die Arbeit mit Werkzeugen
In der bildenden Kunst können VR-Anwendungen zur Durchführung von Sicherheitsunterweisungen eingesetzt werden. Bevor Studierende mit potenziell gefährlichen Werkzeugen oder Materialien arbeiten, können sie in einer virtuellen Umgebung lernen, wie man sicher mit ihnen umgeht. Dies kann sowohl den Umgang mit traditionellen Kunstwerkzeugen als auch mit Maschinen in modernen Kunstwerkstätten umfassen. VR bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit, Sicherheitstraining durchzuführen, ohne dass Gefahr besteht, dass Studierende sich verletzen.
Screenshot zu Projekt Museum 3D - ein virtueller Ausstellungsraum als DigiLab für Museen und Lehre. Joshua Stürtz.

Schritt für Schritt zur eigenen Lehrveranstaltung mit Virtual Reality

Da es neben den Potenzialen von VR auch eine Reihe von Herausforderungen und Stolpersteinen für Sie als Lehrende gibt, ist es hilfreich, sich frühzeitig von den NIDIT Labs for Innovative Teaching beraten zu lassen (s.u.). Das Lab der JLU bietet neben individuellen Beratungen auch eine VR-Ausleihstation an sowie die Möglichkeit, im Lab einfach mal selbst auszuprobieren, wie es sich anfühlt, mit einer VR-Brille zu arbeiten.

Checkliste: "VR in der eigenen Lehrveranstaltung nutzen"

Didaktische Grundlagen
Der Einsatz von VR in der Hochschullehre erfordert eine sorgfältige didaktische Planung. Dabei steht nicht die Technologie im Mittelpunkt, sondern der pädagogische Mehrwert - planen Sie Ihre Veranstaltung stets didaktisch statt technisch motiviert. Zentrale Fragen bei der Konzeption sind:
  • Welchen spezifischen Beitrag kann VR zur Erreichung der Lernziele leisten?
  • Welche Lerninhalte oder Lernprozesse profitieren besonders von der immersiven Erfahrung?
  • Welche spezifischen Kompetenzen können durch VR gezielt gefördert werden?
  • Inwiefern unterscheidet sich VR von herkömmlichen Lernmethoden? Welchen Mehrwert bietet der Einsatz von VR?
Dabei ist es entscheidend, den Kompetenzstand der Studierenden zu berücksichtigen und die VR-Anwendung gezielt an deren Vorkenntnisse anzupassen.
Budgetäre, technologische und organisatorische Aspekte
Neben der Reflexion der didaktischen Aspekte sollten Sie als Lehrende sich im Rahmen der Vorbereitung auch mit den technologischen und finanziellen Aspekten befassen:
  • Technologische Vorüberlegungen umfassen die Betrachtung von Visualisierungsmöglichkeiten, Immersionsgrad, Interaktionsmechanismen oder Nutzungsmodi.
  • Budgetplanung beinhaltet die Evaluation von Hardware-Optionen, Softwarelizenzen oder möglichen Bildungsrabatten.
  • Organisatorische Aspekte wie Räumlichkeiten, technische Infrastruktur (WLAN und Strom) und Device Management müssen sorgfältig geplant werden.
Vorbereitung der Veranstaltung
Eine erfolgreiche VR-Lehrveranstaltung erfordert eine detaillierte Vorbereitung, bei der die Sicherstellung der korrekten Funktionalität aller technischen Komponenten im Vordergrund steht. Dazu gehören beispielsweise die Überprüfung des WLANs, das Aufladen von Headsets und Controllern sowie die Überprüfung auf Software-Updates.
In einer Einführungsveranstaltung sollten Sie wichtige Punkte mit den Studierenden klären. Hier könnte es um Technik-Skepsis, Vereinbarungen bezüglich der Interaktion mit anderen, aber auch um gesundheitliche Aspekte gehen.
Unabdingbar werden Verhaltens- und Sicherheitshinweise sein. Sie beziehen sich auf den Umgang mit der Hardware, auf gesundheitliche Aspekte (z. B. Unwohlsein) oder auf Bewegungsbereiche und Sicherheitsabstände.
Selbstverständlich muss auch eine technische Einweisung im Umgang mit dem Headset und den Controllern erfolgen.
Die Betreuung während der VR-Nutzung erfordert besondere Aufmerksamkeit. Da Betreuende keinen Einblick in die virtuelle Umgebung der Nutzenden haben, sind sie auf präzise Kommunikation angewiesen, um zielgerichtete Unterstützung leisten zu können. Das Prinzip "Ich sehe was, was du nicht siehst" wird dabei zur entscheidenden Strategie.
Pflegen, warten und evaluieren bilden die zentralen Aspekte der Nachbereitung einer VR-Lehrveranstaltung. Ein systematischer Ansatz gewährleistet die Qualitätssicherung und kontinuierliche Verbesserung der Lernerfahrung.
Hygienemaßnahmen spielen eine entscheidende Rolle, so sind nach jeder Benutzung Headsets und Controller zu reinigen.
Der Batteriezustand der Controller und der Headsets wird überprüft, um die Einsatzbereitschaft für zukünftige Veranstaltungen sicherzustellen. Die Geräte werden vollständig aufgeladen und auf mögliche Schäden untersucht.
Evaluation und Feedback bilden den Kern der Qualitätssicherung. Der Einsatz der VR-Technologie wird systematisch analysiert, wobei messbare Indikatoren identifiziert werden, die den Lernerfolg und die Effektivität der Methode dokumentieren. Das Einholen von Feedback von Studierenden ist dabei von zentraler Bedeutung.
Durch diese umfassende Nachbereitung wird sichergestellt, dass die VR-Lehrveranstaltung nicht nur technisch einwandfrei, sondern auch didaktisch wertvoll war und kontinuierlich verbessert werden kann.

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