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Bärenfänger, Maja [gz464] - 15. Nov 2019, 9:48am

Hybrid Learning - Erfahrungsbericht aus dem Projekt “TEFLhybrid@JLU”

TEFLhybrid is a newly developed course format which combines traditional face-to-face instruction with collaborative online learning to transform and enhance participants’ experiences, competencies and skills. In hybrid learning environments students can benefit from increased temporal and spatial flexibility for their study, from wider and easier access to learning resources, and from a higher level of student autonomy and self-regulation.
Mit Unterstützung durch „Einstieg mit Erfolg 2020“ (Teilprojekt „Ausbau der E-Learning-Angebote“) wurde an  der Professur für die Didaktik des Englischen im Institut für Anglistik der Justus-Liebig-Universität im Sommersemester 2019 ein neuartiges, hybrides Kursformat erprobt. TEFL Hybrid Learning (TEFL – Teaching English as a Foreign Language) hebt darauf ab, verschiedene Medien, Methoden und Ansätze, wie zum Beispiel das angeleitete Lernen in der Präsenz (offline) mit dem selbständigen Lernen im virtuellen Raum (online), d.h. individuelle und kollaborative Lernphasen, Printmedien und digitale Medien, Instruktion und Exploration, Theorie und Praxis systematisch miteinander zu verknüpfen.
Nach der erfolgreichen Durchführung der Pilotveranstaltung im Sommersemester 2019 gelang es dem Team um Prof. Dr. Jürgen Kurtz dezentrale QSL-Mittel einzuwerben, um im Wintersemester 2019/20 zwei  weitere Lehrveranstaltungen  in diesem  Format  anbieten zu können Für das kommende Sommersemester 2020 sind gleich vier englischdidaktische TEFLhybrid-Lehrveranstaltungen fest eingeplant.
Das TEFLHybrid@JLU-Team: Dr. Leo Will, Dr. Lambrini Lombourdi, Nadine Traughber, Prof. Dr. Jürgen Kurtz (von links nach rechts)
Im Interview berichtet Prof. Dr. Jürgen Kurtz über seine Erfahrungen bei der Umsetzung der neuen Veranstaltung und gibt Tipps, was Lehrende beachten sollten, die ihr Konzept ebenfalls auf ein hybrides Format umstellen wollen.
Welche Gründe haben dazu geführt, Ihre Lehre in Teilen auf ein Hybrid Learning-Konzept umzustellen?
Kurtz: Für uns gab es gleich mehrere Anlässe diesen Schritt zu gehen. Einerseits ermutigte uns der englischdidaktische Forschungsdiskurs der jüngeren Zeit hierzu. Andererseits sprachen wir mit unseren Studierenden über eine stärkere Einbeziehung der digitalen Medien in die Lehre und nahmen hier ein großes Interesse daran wahr. Häufig wurde in diesem Kontext der Wunsch geäußert, über Online-Plattformen bzw. digitale Lernmanagementsysteme selbständiger, zeitlich flexibler und lernortunabhängiger arbeiten zu können. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Englischdidaktik in besonderer Weise in der Verantwortung stehe, diesem Wunsch nachzukommen.
Welche Erfahrungen haben Sie bei der Pilotierung gemacht?
Kurtz: Positiv hervorzuheben ist das große Interesse der Studierenden an dem Projekt, das sich an der Nachfrage an der Pilotveranstaltung bzw. rein quantitativ an der Auslastung aller gegenwärtigen TEFLhybrid-Lehrveranstaltungen ablesen lässt. Allerdings ist uns (erst) im Laufe der Pilotierung und der damit verbundenen studentischen Evaluierung deutlich geworden, wie heterogen sich die Kenntnisse der Studierenden im Hinblick auf digitale Medien und deren Verwendungspotenziale darstellen. So gab es Studierende, die festhielten, dass sie es nicht gut fanden, dass der Professor zu Beginn der Pilotveranstaltung eine dreiviertel Stunde lang erläuterte, wie man ein Lerntagebuch (learning log)  in ILIAS anlegt („Das wusste ich schon längst.“) – während andere Studierende noch nie etwas von ILIAS gehört hatten und sich sehr dankbar für diese ausführliche Einführung zeigten.

Wir denken vor dem Hintergrund dieser ersten Erfahrungen darüber nach,  spezielle Erklärvideos zum Umgang mit ILIAS zu erstellen. Diese sollen einerseits auf den Aspekt der Benutzung der Plattform im Allgemeinen, andererseits auf die inhaltliche Füllung im Sinne der englischdidaktischen Zielsetzungen im Besonderen eingehen. Ganz klar,  der Aufwand für die Erklärung des Umgangs mit digitalen Medien darf nicht zu Lasten der fach- bzw. englischdidaktischen Studienanteile in einem insgesamt schon straff gefassten, verschulten Studiengang gehen. Wie man diese beiden Perspektiven und Ansprüche optimal verknüpfen könnte, müssen wir weiter eruieren. Dies wird auch ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts sein. Erste Rückmeldungen bzw. Erfahrungen und Anregungen haben wir bereits auf internationalen Tagungen in Finnland und in Großbritannien erhalten. Jenseits dessen war es von sehr großer Bedeutung für uns, von unseren Studierenden ausführliche Rückmeldungen zur Pilotveranstaltung erhalten zu haben.
 
Welche Faktoren waren Ihrer Meinung nach entscheidend für den Erfolg?
Kurtz: Als besonders positiv wurde von den Studierenden hervorgehoben, dass sie dazu angehalten wurden, über ILIAS-basierte Learning Logs ihren Lernprozess systematisch zu reflektieren. Die Studierenden bekamen regelmäßig ein Feedback dazu, und zwar entweder durch den Dozenten selbst oder durch die vorab entsprechend geschulten TEFLhybrid Learning Advisors (Anmerkung: die studentischen Tutoren), die die Lehrveranstaltungen in zwei Sprechstunden technologisch und englischdidaktisch begleiten (einerseits face-to face, andererseits bzw. zusätzlich auch in einer über ILIAS ermöglichten online consultation hour). Die studentischen Evaluationen geben zu erkennen, wie wichtig die Feedbackmaßnahmen waren, um dem übergeordneten Lehr-/Lernziel der Englischlehrerbildung in Gießen, das sich ganz grob mit dem englischen Begriff des reflective practitioners umreißen lässt, näher zu kommen.

Für uns als TEFLhybrid-Team war wichtig, dass wir uns regelmäßig getroffen und ausgetauscht haben, um die Veranstaltung zu konzipieren und kritisch zu begleiten. Davon haben letztlich alle Mitwirkenden profitiert. Der gesamte Prozess der gemeinsamen Konzipierung und Begleitung des TEFLhybrid-Projekts hat dazu beigetragen, dass wir die Expertise aller Mitwirkenden  in unserem Team heben konnten und als englischdidaktisches Team gewachsen sind.  Es wäre begrüßenswert, wenn das Projekt, das bisher allein auf das fachdidaktische Segment der Englischlehrerbildung in Gießen beschränkt war, künftig auch für die fachwissenschaftlichen Veranstaltungen – im Anglistik-Institut und darüber hinaus – adaptiert würde. Alle interessierten Kolleginnen und Kollegen sind herzlich dazu eingeladen.
Welche Tipps haben Sie für Lehrende, die planen, ihre Lehrveranstaltung ebenfalls auf ein hybrides Format umzustellen?
Kurtz: Frühzeitig beginnen. Frühzeitig hieß in unserem Fall, dass wir die TEFLhybrid-Lehrveranstaltungen, die jetzt im Wintersemester laufen, über das gesamte Sommersemester hinweg geplant haben. Wir haben uns wöchentlich anderthalb Stunden als Team zusammengesetzt. Das heißt, der Vorbereitungsaufwand ist immens  und darf nicht unterschätzt werden.

Ein zweiter Tipp, die Studierenden betreffend. Es gilt, Transparenz herzustellen über das Format, die Bewertungskriterien und den Arbeitsaufwand, der die Studierenden erwartet. Die Studierenden haben die Veranstaltung mit der Schulnote ‚gut‘ bewertet – aber nicht mit ‚sehr gut‘. Sie haben offensichtlich, das zeigen insbesondere die Freitextantworten in der Evaluation, nicht damit gerechnet, dass der Arbeitsaufwand für derartige Veranstaltungen, in der Kombination von eher angeleitetem Studium in der Präsenzphase und eher explorativ-projektorientiertem Studium in der ‚Online-Phase‘, höher ist als in reinen Präsenzveranstaltungen. Da gab es einige Irritationen, weil zumindest manche Studierende vermutet hatten, dass sie in den Online-Phasen mehr Freizeit als Freiheit im Lernen hätten. Derartige studentische Rückmeldungen haben wir zum Anlass genommen, eine das Gesamtprojekt erläuternde Webseite zu erstellen  (siehe www.uni-giessen.de/faculties/f05/engl/tefl/teflhybrid/), die verdeutlichen soll, welche Herausforderungen und Chancen mit dem Lehr-/Lern-Format verbunden sind.

Und nicht zuletzt: Ohne die Anschubfinanzierung durch „Einstieg mit Erfolg“ wäre es nicht gegangen. Es war sehr hilfreich, dass wir für die Pilotveranstaltung einen studentischen TEFLhybrid Learning Advisor einstellen konnten. Frau Frauke Marie Peter, die wir für diese Aufgabe gewinnen und entsprechend vorbereiten konnten, hat die Studierenden sowohl in den Präsenzsitzungen als auch in der Online-Phase sowohl technologisch wie auch inhaltlich begleitet und stand ihnen in ihren virtuellen und face-to-face-Sprechstunden mit Rat und Tat zur Seite. Diese Unterstützung wurde von vielen Studierende als besonders hilfreich beurteilt, aber nicht zuletzt auch für mich als Verantwortlichen für ein Projekt, das wir mit großer Zuversicht weiter entwickeln wollen.  
Wenn Sie Interesse an der Durchführung eines eigenen Lehrprojekts mit digitalen Medien/Tools haben, melden Sie sich bei uns. Das Projekt „Einstieg mit Erfolg 2020“ bietet Lehrenden noch bis Ende des Jahres 2020 umfassende Unterstützung und Begleitung bei der Planung und Umsetzung von Lehrinnovationen im Bereich der digital gestützten Lehre an.
Dr. Maja Bärenfänger
maja.baerenfaenger@hrz.uni-giessen.de
0641 - 99 13082
HRZ, Raum 240
Jana Tasch
jana.tasch@hrz.uni-giessen.de
0641 - 99 13096
HRZ, Raum 211

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